Sonntag, 3. April 2011

Musik: Bon Bon

Ein verbreitetes Phänomen ist die Übersetzung oder Bearbeitung internationaler Hits, damit sie auch in Bolivien beziehungsweise Südamerika erfolgreich sein können. So werden zum Beispiel bei diversen Features die Rapparts auf spanisch eingespielt oder komplett ausgetauscht.
Der Sommerhit "We No Speak Americano" ist hier als "Pan-Panamericano" bekannt, was man auch durchaus als Textzeile raushören kann. Interessant ist auch, was der Rapper und Reggaetónkünstler Pitbul mit selbigen Lied angestellt hat. Unter dem Titel "Bon Bon" veröffentlichte er diesen Remix. Zwar handelt es sich nicht wirklich um ein musikalisches Bon-Bon, aber witzig und vorallem erfolgreich ist es allemal.

Donnerstag, 24. März 2011

Día del Mar

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Bolivianer mit ihren vielen Feiertagen einen durchgehenden Schulbetrieb erfolgreich zu verhindern wissen. Nachdem wegen Karneval schon vier Tage der Unterricht ausfiehl, wurde letzten Mittwoch ein historisches camireñisches Datum mit allen Schülern auf der Plaza zelebriert. Am Freitag schloss sich dann der "Día del Padre" (Vatertag) an, sodass wiederum der Unterricht ausfiel und statt dessen in der Schule ein Gottesdienst und andere Feierlichkeiten abgehalten wurden. Als dürfte man den Schülern nach diesen vielen freien Tagen keine volle Woche Unterricht zumuten, streikten diesen Montag und Dienstag dann erstmal alle Lehrer, weil ihre Lohnerhöhung nur 10 Prozent beträgt. Am gestrigen Mittwoch wurde schliesslich landesweit des Día del Mar (Tag des Meeres) mit Umzügen gedacht - natürlich war auch schulfrei.

Tag des Meeres: Die Schulen marschieren im militärischen Stil

Historisches
Bolivien mit Meerzugang (wikipedia)
Boliviens Stolz ist unter anderem auf der Vielfalt seiner Kulturen begründet. Weniger ruhmreich ist aber die Geschichte des Landes: Bolivien hat nämlich jeden einzelnen seiner Kriege verloren.
Im Salpeterkrieg gegen Chile verlor Bolivien vor, am 23. März, genau 132 Jahren das Departament Litoral und damit seinen Zugang zum Meer. Seit dem ist Bolivien ein Binnenstaat und trauert dem Verlust des Pazifikküstenstreifen hinterher. Wie teif der Schmerz sitzt und wie wichtig das Thema auch noch mehr als ein Jahrhundert später ist, sieht man zum Beispiel an der neuen Verfassung von Evo Morales, die erst vor gut einem Jahr in Kraft trat. Darin wird immer noch die Rückgabe des Küstenstreifens gefordert. Mit Chile unterhält man offiziel keine diplomatischen Beziehungen und eine Klage in Den Haag wurde natürlich auch schon eingereicht. Derweil trainiert die bolivianische Marine auf dem Titicaca-See, aber natürlich nur vorübergehend, denn den rechtmässigen Meerzugang wird man wiedererlangen. Letztes Jahr hat sich der Staat schonmal ein Stückchen Strand von den Perunaern gepachtet - ein Anfang.

Nachtrag: Gerade bin ich wieder aus der Schule zurückgekommen. Heute und morgen ist wieder kein Unterricht. Die Lehrer haben eine Fortbildung, von der auch die Sekräterin nicht genau weiss, was sie beinhaltet. Auf dem Rückweg bin ich dann einem Lehrer über den Weg gelaufen, der sich sichtlich über die Vacaciones freute. Auch typisch bolivianisch: Wenn Feiertage auf ein Wochenende fallen, werden sie am Montag nachgeholt.

Freitag, 18. März 2011

Ich bleibe Camireño!

Nachdem es letzte Woche noch "Chau Camiri" hiess, wurde gestern die Entscheidung getroffen, dass ich bis zum Ende des FSJ in Camiri bleiben kann.
Eigentlich sieht das Programm regelmässige Wechsel der Einsatzstellen vor. Ich selbst finde das aber keine gute Idee, weil es die Kontinuität und Nachhaltigkeit der Arbeit gefärdet. Deswegen bin ich jetzt schon die zweite Periode im schönen Camiri und werde auch bis zum Abschlussseminar hier arbeiten. Den letzten Ausschlag hat wohl die Rektorin meiner Schule gegeben, die sich ziemlich über den geplanten plötzlichen Wechsel aufgeregt hat. Jetzt bin ich überglücklich hier bleiben zu können, aber auch gleichzeitig traurig weil Max nächste Woche schon ins weit entfernte Tarabuco muss.

Donnerstag, 17. März 2011

Namen

Es gibt in Camiri viele traditionelle spanische Namen. Klangvolle Rufnamen wie Juan Miguel, Leonardo Gabriel oder Juan Diego könnte wohl in jeden durschnittlichen Film für einen Klischee-Latino herhalten. Dann gibt es aber doch noch Eltern, die ihren Kinder kreativere, lustiger oder schönere Namen geben. Hier ein paar Beispiele von meinen eigenen Schülern.

Berlin Ohne Worte. Hier kann man einfach mal die Hauptstadt als Vornamen haben. Es handelt sich übrigens um einen Mädchennamen. 
Camiri Ebenfalls Stadt- und Mädchennamen. Sehr süss, aber mein Kind würde ich trotzdem nicht Marburg nennen.
Darlin Alternative Schreibweise von Darling.
Elvis Der King lebt, nicht nur im Kühlregal.
Jhon Jamer Das witzige an diesem Namen ist eigentlich die Ausprache: John Hammer
Jhon Maicol Die bolivianische Schreibweise des eglischen Namens John Michael. Wird genau so ausgesprochen
Luz Emili Einfach nur süss sein Kind Luz (Licht) zu nennen. Es gibt einige Mädchen, die so heissen. 
Rider Renny Rojas Fast so gut wie Rambo Ramon Rainer.
Walter Klassisch, schlicht und irgendwie deutsch.
Yim Jael So würde man in Bolivien "Ginger Ale" schreiben.
Yunior Eloy Eigentlich das Naheliegenste seinen Sohn einfach nur Jr. zu taufen.

Dienstag, 15. März 2011

Musik: Reggaetón

Eine Suche nach den neusten Charthits aus Deutschland oder den USA würde in Bolivien wohl nicht von Erfolg gekrönt. Den hiesigen Musikgeschmack bildet ein skuriler Mix aus Klassikern, wie Modern Talking (kein Scherz!) und Scorpiens, den Hits aus dem letzten Sommer (We No Speak Americano, I Gotta Feeling etc.) und eben lateinamerikanischer Musik. Eines dieser Eigengewächse ist der Reggaeton.


In Deutschland ist der Reggaetón beinahe gar nicht bekannt. Einer der wenigen Hits, die es in die deutschen Charts geschafft haben ist "Gasolina" von Daddy Yankee


Typisch für Reggaetón ist der unverkennbare Rhythmus. Seinen Ursprung hat dieser Rhythmus im Lied "Dem Bow" von Shabba Ranks und wird deswegen auch selbst DemBow genannt. Und wirklich erkennt man ihn bei ausnahmslos jedem Reggaetón Song wieder.
Hier also der Prototyp:

Montag, 14. März 2011

Carnaval - Fiesta des Jahres

In Marburg besteht Karneval eigentlich nur aus dem Rosenmontagsumzug mit anschliessendem Gang ins Fun. Dazu etliche Alkoholleichen und ein paar Verrückte, die denken Marburg sei das Zentrum des deutschen Faschings.
Anders in Bolivien: Karneval ist hier das grösste Fest des Jahres. Weltberühmt sind dabei die Feierlichkeiten in Oruro. Dort soll die grösste Karnevalsfeier nach Rio de Janero in Brasilien stattfinden. Aber auch der einwöchige Karneval im kleinen Städtchen Camiri hatte einiges zu bieten.

Die Comparsas
Alle sauber und in gelb - Fregonazos vor der Feier
Ein bischen wie in den Bücher von J.K. Rowling, in denen jeder Zauberschüler einem der Häuser als Mitglied zugeteilt wird, ist auch Karneval in Camiri. Alle Feierwilligen, von den Kleinen bis zu ihren Grosseltern, treten sogenannten Comparsas, speziellen Karnevalclubs, bei. Jede Comparsa hat eine grobe Altersgruppe, eine eigene Farbe und ist natürlich die "beste Comparsa Camiris". An den Tagen von Karneval versuchen sich die Comparsas dann, ganz wie die Häuser in Hogwards, gegenseitig zu übertrefen.

Rey Momo
Gewinner und Publikumsliebling im Wettbewerb Verkleidung
Wettessen - Jede Comparsa ist vertreten
Rey Momo - Männer zeigen ihre weibliche Seite
Am Donnerstag fand die Wahl des Rey Momo im Stadion statt. Diese reine Spassveranstaltung ist eine Parodie auf die Wahl der Königin. Und so schickten alle Comparsas ihrer Vertreter ins Rennen, um in verschiedenen Wettbewerben die Kontrahenten zu übertrumpfen. Es gab Wettessen, Verkleidungswettbewerb und es traten als Frauen verkleidete Männer auf, um ihre Hintern zur neusten Musik zuschwenken und richtig die Sau rauszulassen. Die Gruppen versuchten sich gegenseitig mit Witz, Verkleidung und Effekten auszustechen. Gewonnen im Verkleidungswettbewerb hat Kung Fu Panda. Publikumsliebling aber war ein mit Lendenschurz bekleiderter, schwarz geschminkter Teilnehmer, der mit Pfeil und Bogen zu "In the jungle, the mighty jungle" tanzte. Ja, ein bischen rassistisch sind die Bolivianer schon. Sieger im Hauptwettbewerb war die Familie Feuerstein der Comparsa "Sarazos", die sich mit Pappmasché-Keulen der Extase hingaben.


La Reina
Am Tag darauf wurde die Königin gewählt. Jede Comparsa stellte eine Kandidatin auf und die jungen Frauen wurde Salsa tanzend und im Ballkleid von der Jury bewertet. Abgerundet wurde der ziemlich langweilige Abend mit einem Karaokewettbewerb, der aber an Eintönigkeit die Misswahl selbst übertraf. Diese ruhige Nacht war so etwas wie ein letztes Durchatmen vor der richtigen Feier.

La Salta
Carnaval ist farbenfroh
Samstag sollte die sogenannte Salta stattfinden. Und so machten wir uns ausgerüstet mit Wasserbomben, Wasserpistole und jeder Menge Farbe auf den Weg zur Plaza. Dort tobte ein kleiner Krieg zwischen den Kindern und irgendwie gerieten wir zwischen die Fronten, sodass wir von oben bis unten vollgeschmiert und durchnässt an der Ecke auf den Beginn des Corsos warteten.
Dann, natürlich mit bolivianischer Verspätung, war es endlich soweit. Comparsa für Comparsa fuhren die geschmückten Festwagen mitsamt Reina, umringt von ihren tanzenden Anhängern, eine Runde um die Plaza. Dieses Ritual nennt man Salta (von saltar - springen), weil eigentlich keiner tanzt sondern sich alle an den Händen fassen, herumspringen und in so einer Ketten um den Wagen rennen. Ich selbst bin bei "Fregonazo", der gelben Comparsa, "gesprungen".

3 dias de fiesta
¡Manos ariba! bei der Fiesta von Fregonazo
Die nächsten drei Tage war die ganze Stadt im Ausnahmezustand. Das normale Leben war zum Erliegen gekommen. Es gab kaum offene Geschäfte und an jeder Ecke wurde man mit Wasserbomben und Farbe angegriffen.
Jeden nachmittag wurden von den Comparsas eigene Feiern veranstaltet. Vor dem Gelände von Fregonazo stand ein Wasserwerfer der Feuerwehr und schoss hunderte Liter auf die gut gelaunte Menge, die sich gleichzeitig mit Farbe beschmierte. Es waren die besten Feiern, die ich in Bolivien erlebt habe.
Nachdem das letze Bier getrunken war, machte sich die Partygemeinde Tag für Tag auf den Weg zur Plaza. Dort wurden Autos mit grossen Boxen und lauter Musik vorgefahren, um noch bis tief in die Nacht den Karneval von Camiri zu celebrieren. Von diesen drei Tagen habe ich aber nur zwei durchgehalten. Es war, wie man hier so schön sagt, eine "Locura".

Aschermittwoch?
Das Leiden Jesu und die Fastenzeit scheinen in Camiri erst etwas später zu beginnen. Die Feierlichkeiten wurden offiziel am Sonntag mit dem "Carnevalito", dem kleinen Karneval, in Choretti, einem Dorf vor Camiri, beendet.
Karneval in Bolivien ist schon ziemlich durchgeknallt und es dauert lange, die ganze Farbe abzuwaschen. Nächstes mal gehts für mich nach Oruro.
Ich habe genug für dieses Jahr ;)

Donnerstag, 10. März 2011

Mosaico Boliviano

Max Steiner, Präsident und Gründer von HI Bolivia, wird ein neues Buch veröffentlichen. Es soll dem Leser Bolivien anhand vieler kleiner Geschichten wie ein Mosaik näher bringen. Das Buch ist seit drei Tagen erhältlich.

"Als Max Steiner und Judith Grümmer sich entschieden, dieses Buch herauszugeben, um in Alltagsgeschichten den Facettenreichtum Boliviens zu dokumentieren, hatten sie sich zum Ziel gesetzt, der Kraft zu vertrauen, die in leisen, hintergründigen, aber authentischen Zwischentönen ruht. Entstanden ist ein Mosaik aus bolivianischen Begegnungen und Momentaufnahmen jenseits der tagesaktuellen Schlagzeilen, gedacht auch für den geschärften Blick, abseits der Themen, die ein guter touristischer Reiseführer bieten kann."(www.mosaicoboliviano.com)